Ein Judoanzug für Ihr Kind?

Judoanzug KindWenn Kinder ihren ersten Judoanzug bekommen, ist das für sie ein großes Erlebnis. Wahrscheinlich hat sich Ihr Kind schon in der ersten Judostunde darauf gefreut, auch so einen Anzug zu tragen, und nachdem feststeht, dass es nicht bei einer Stunde bleibt, ist ein echter Judoanzug der nächste Schritt!

Mit dem ersten Anzug entsteht ein neues Stück Zusammengehörigkeit mit den anderen Judo-Kindern, denn die traditionelle Judokleidung sorgt dafür, dass Ihr Kind nicht nur wie ein „echter Judoka“ aussieht, sondern sich auch so fühlt. Aus ganz praktischer Sicht schließlich ist der Judoanzug für Kinder genauso unerlässlich beim Training und Wettkampf wie für Erwachsene. Er ist nicht nur Teil einer langen japanischen Kleidungstradition, sondern auch dafür gemacht, allem standzuhalten, was der Judosport an Herausforderungen zu bieten hat.

Auf dieser Seite haben zusammengetragen, was für einen Kinder-Judoanzug aus unserer Sicht wichtig ist. Wenn Sie Fragen oder Ergänzugen dazu haben, schreiben Sie uns gerne. Und nun, bevor es ins Detail geht, zunächst in aller Kürze die wichtigsten Merkmale eines guten Judoanzugs für Ihr Kind:

  • enthält: Jacke, Hose, weißen Gürtel
  • Material: Baumwollanteil >50%
  • Jacke mit "Reiskornwebung"
  • Hose mit verstärkten Knien oder komplett abgesteppt
  • Gummizug und Schnürung im Bund
  • wenn möglich vorgewaschen (oder größer kaufen)

Die Elemente eines Judoanzugs

Zum kompletten Judoanzug, japanisch „Judogi“ genannt, gehören drei wesentliche Elemente, die wir hier näher unter die Lupe nehmen möchten:

Die Judojacke, jap. Owagi

Beispiel für Reiskornwebung bei einer JudojackeDie Jacke eines Judoanzugs ist weit geschnitten und hat eine charakteristische raue Webart, die auch Reiskornwebung genannt wird. Dieses charakteristische Muster, das die gesamte Jacke von oben bis zur Taille ausmacht, gibt der Judojacke die richtige Stabilität. Der Hintergrund: Bei Judogriffen wird die Jacke nicht nur gefasst und gezogen, sondern manchmal geradezu gerissen. In mancherlei Hinsicht ist der Judowettkampf zunächst der „Kampf um den besten Griff“, und sowohl dabei als auch bei den dynamischen Würfen ist die Jacke immensen Kräften ausgesetzt. Würden diese Kräfte nur in bestimmte Richtungen wirken, ließe sich das Problem mit entsprechend gesetzten Nähten und Verstärkungen lösen. Aber da die Krafteinwirkungen in Richtung und Stärke sehr unterschiedlich sind, ist es traditionell üblich, die Reiskornwebung zu verwenden. Da der „Rock“ der Jacke ab der Taille abwärts dagegen nicht als Griffzone verwendet wird, ist er aus einfach gewebtem Stoff gefertigt und manchmal nur zusätzlich abgesteppt.

Vor allem bei kleinen Kindern, die Judo trainieren, ist die Reiskornwebung für die Funktionalität des Judoanzugs nicht zwingend notwendig. Es ist aber wichtig zu wissen, dass eine glatte Judojacke ohne Webmuster nicht dem klassischen Standard entspricht. Wir empfehlen daher die Reiskornwebung sowohl aus Stabilitäts- als auch aus Traditionsgründen.

Die Judohose, jap. Zubon

Judohose mit verstärkten KnienAuch die Hose muss im Judo-Kampf einiges mitmachen. Oft wird sie Ziel eines Griffes im Unterschenkelbereich, und beim Bodenkampf wird vor allem die Kniepartie stark strapeziert, da viele Kampfaktionen im Kniestand ausgeführt werden oder ein "Kräftemessen" im Knien entsteht. Was ein Judoanzug für Kinder auf alle Fälle haben sollte, sind also verstärkte Knie. Das kann einfach durch eine zweite Lage Stoff im Kniebereich gewährleistet werden, oder aber durch ein komplett doppelt abgestepptes Bein vom Oberschenkel abwärts.

Das zweite interessante Detail einer Judohose ist die Schnürung. Traditionell werden Judohosen nur mit einem Zugband ohne Elastikbund geschnürt. Auf diese Weise ist die Schnürung sehr fest und stabil, sie kann aber auch „einschneiden“ und sich hart anfühlen. Gerade für Kinder empfehlen wir deshalb eine Judohose mit Gummizug, der aber in jedem Fall (innen oder außen) eine zusätzliche Schnürung haben sollte, die den Elastikbund rutschfest fixiert.

Die Länge der Hose sollte so gewählt sein, dass sie maximal bis zum Knöchel geht und auf jeden Fall mindestens die halbe Wade bedeckt. Die Säume der Hosenbeine sollten im Optimalfall mit mehreren Nahtreihen eingefasst sein, um ein Ausfransen auch bei hoher Belastung zu vermeiden.

Der Judogürtel, jap. Obi

Judogürtel weiss-gelbDer Judo-Gürtel zeigt einerseits an, welchen Schülergrad das Kind gerade innehat, andererseits hält er ganz praktisch gesagt die Jacke zusammen. Das muss er auch, da die Judojacke keine Schnürbänder besitzt (im Gegensatz zum Beispiel zu einer Karatejacke), die beim Zug an der Jacke ohnehin schnell reißen würden. Der Gürtel ist daher dafür zuständig, dass die Judojacke in Form bleibt, und das kann ein traditioneller Judogürtel auch sehr gut. Er besteht meistens aus Baumwolle und bietet damit eine sehr hohe Reibung gegenüber der Jacke, so dass er – richtig gebunden – auch nicht so leicht aufgehen kann.

Die gängigen Gürtelfarben sind: weiß, gelb, orange, grün, blau, braun (Schülergrade) sowie schwarz (Meistergrade). Bei den Schülergraden gibt es vor allem bei Kindern oft Zwischenstufen wie weiß-gelb, gelb-orange, orange-grün, grün-blau und blau-braun. Diese Zwischenschritte werden mit einem Streifen der jeweils nächsten Farbe markiert, wie unser Beispiel in weiß-gelb.

Für Ihr Kind brauchen Sie zum ersten Judoanzug einen weißen Gürtel, der in einem Anzug für Kinder auch bereits enthalten sein sollte. Dieser Gürtel muss so lang sein, dass er zweimal komplett um die Taille herum gelegt werden kann, bevor er vorne vor dem Bauchnabel verknotet wird. Die losen Enden sollten danach noch ca. 20 cm auf jeder Seite überstehen.

Die Größen von Judogürteln reichen traditionell von 180 cm bis 320 cm in Abständen von 20 cm. Wenn Sie nicht sicher sind, welche Gürtellänge für Ihr Kind passt, empfehlen wir Ihnen die folgenden Richtwerte nach Körpergröße:

Körpergröße in cmGürtellänge in cm
bis 100180
100-110200
110-120220
120-130220
130-140240
140-150240
150-160260
160-170260
170-180280

Bei besonders großem oder kleinen Taillenumfang orientieren Sie sich einfach eine Größe nach oben oder unten.

Judo: Erziehung, Gesundheit und die Rolle des Anzugs darin

Judowurf im Wettkampf, demonstriert von Alexander von der GroebenJudo ist ein Sport mit großer Tradition, der in Japan von Jigoro Kano auf der Basis alter japanischer Kampfkünste entwickelt wurde. Kano hat sein Judo vor allem für Schulen und Universitäten konzipiert und wollte damit zum sitzenden Alltag der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen gesunden Ausgleich schaffen. Seine Idee wurde sehr gut angenommen, und von Japan hat der Sport einen weltweiten Siegeszug angetreten. Heute ist Judo nicht nur olympisch, sondern auch als gesunder und abwechslungsreicher Sport für Kinder aller Altersstufen sehr beliebt. Sportvereine bieten Kurse zum Teil schon ab einem Alter von 3 Jahren an, und obwohl Kinderjudo in dieser Altersstufe natürlich kein Leistungssport ist, hat es auch für die ganz Kleinen viel zu bieten.

Das Prinzip des Judo ist "Nachgeben, um zu siegen", was sich sowohl technisch, als auch philosophisch verstehen lässt. Technisch bedeutet das, die Kraft des Gegners umzuleiten und für eigene Aktionen zu nutzen. Denn in jeden Angriff legt der Gegner eine gewissen Energie hinein, durch die seine Kraft eine bestimmte Richtung und eine bestimmte Stärke bekommt. Durch Zug-, Druck- und Kreisbewegungen stellt sich der Judoka dieser Kraft nicht entgegen, sondern greift sie auf und lenkt sie um, bringt dabei den Angreifer aus dem Gleichgewicht und damit zu Fall. Philosophisch gesehen steckt noch mehr dahinter, denn die Einstellung, die Dinge auf sich zukommen zu lassen und ohne direkte Gegengewalt, sondern "fließend" zu reagieren, lässt sich auch auf den Alltag und unsere moralischen Vorstellungen anwenden. Judo bedeutet "sanfter Weg" und gewinnt seine Stärke durch das Nachgeben; ebenso sanft sollen die Judoka auch mit ihren Herausforderungen außerhalb der Matte umgehen. Außerdem hilft die Judo-Etikette, im Umgang miteinander Platz für gegenseitigen Respekt und höfliche Umgangsformen zu schaffen. Zu diesem Umgang gehört das entsprechende Begrüßen mit einer Verbeugung, das richtige Verhalten auf der und um die Matte, und auch ein sauberer und korrekter Judoanzug. Durch das Tragen eines einheitlichen Anzugs verschwinden sozielen die Unterschiede zwischen den Kindern, die man an Alltagskleidung oft ablesen kann. Was auf der Matte zählt, ist der respektvolle Umgang miteinander und mit der Tradition der Disziplin. Jeder beginnt mit einem weißen Gürtel als "unbeschriebenes Blatt" und gewinnt nach und nach Erfahrung und Kompetenz dazu. Jeder neue Gürtel um den Judoanzug muss erarbeitet werden, und auch das geht nur mit der Hilfe eines Partners. Unter den höheren Gürtelfarben beginnen manchmal schon Jugendliche, als Hilfstrainer aktiv zu werden und weiterzuvermitteln, was sie von ihren Trainern gelernt haben.

Fazit: Wenn Judotrainer die Werte ihrer Budo-Tradition vorleben und vermitteln können, lernt ein Kind beim Judotraining nicht nur Fallen, Werfen, Hebeln und Halten, sondern auch Höflichkeit, Respekt, Demut und Selbstvertrauen. Und dann ist sein Judoanzug auch nicht nur ein Hilfsmittel für das Training, sondern ein Symbol für alles, wofür dieser große Sport steht.

Anzug falten auf japanisch

Großmeister Antonino Farinella aus Italien demonstriert in diesem Video, wie man einen Judoanzug (oder einen beliebigen anderen Budo-Anzug) auf traditionelle Weise zusammenlegt:


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